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SAP Clean Core-Ansatz: Grundlagen, Vorteile und Umsetzung

 

Unternehmen stehen heute vor der Herausforderung, ihre SAP-Systeme gleichzeitig stabil, kosteneffizient und zukunftsfähig zu betreiben. Dabei spielen Themen wie Standardisierung, einfache Upgrade-Fähigkeit und die Reduzierung von Komplexität eine zentrale Rolle. Der SAP Clean Core-Ansatz greift genau diese Anforderungen auf: Er zielt darauf ab, den Kern von SAP-Systemen frei von individuellen Modifikationen zu halten und Erweiterungen über externe Plattformen wie die SAP Business Technology Platform (BTP) umzusetzen.

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Grundidee des Clean Core-Ansatzes, seine Vorteile sowie die praktischen Auswirkungen auf bestehende und neue SAP S/4HANA-Implementierungen.

Was ist der SAP Clean Core-Ansatz?

Der SAP Clean Core-Ansatz ist eine Vorgehensweise zur Standardisierung von SAP-Systemen, insbesondere in Verbindung mit SAP S/4HANA Cloud. Wie der Name bereits andeutet, geht es darum, den Kern des ERP-Systems „sauber“ zu halten.

Konkret bedeutet das: Es wird bewusst auf Modifikationen im Kernsystem verzichtet, um eine wartungsarme, stabile und problemlos updatefähige Systemarchitektur sicherzustellen.

Das Hauptziel des Clean Core-Ansatzes besteht darin, Flexibilität, Sicherheit und Innovationskraft von Unternehmen zu stärken, indem konsequent auf den SAP-Standard gesetzt wird. Individuelle Erweiterungen erfolgen nicht im Kern, sondern über externe Plattformen wie die SAP Business Technology Platform (BTP). So bleibt das ERP-System upgradefähig, während spezifische Geschäftsanforderungen über moderne Erweiterungstechnologien erfüllt werden können.

Clean Core als Kostenbremse

Der Clean-Core-Ansatz verfolgt das Prinzip, das ERP-System möglichst nah am SAP-Standard auszurichten. Anstatt auf komplexe Eigenentwicklungen zu setzen, nutzt er standardisierte Prozesse, modulare Erweiterungen und gezielte Integrationen über die SAP BTP.

Die SAP BTP ermöglicht es, ERP-Funktionen strukturiert zu erweitern, ohne den Kerncode zu verändern. Das senkt nicht nur die Komplexität, sondern bietet auch messbare Kostenvorteile:

  • Weniger Wartungsaufwand: Keine unübersichtlichen Code-Anpassungen, weniger Fehlerquellen, stabilerer Betrieb.
  • Schnellere Upgrades: Neue Releases können deutlich einfacher eingespielt werden.
  • Reduzierte Infrastrukturkosten: Cloudfähige Architekturen und effiziente Ressourcennutzung senken die Gesamtbetriebskosten (TCO).
  • Planbare Investitionen: Keine unerwarteten Kosten bei Release-Wechseln.

So können Unternehmen ihre Ressourcen stärker in Innovation und Geschäftsentwicklung investieren, statt Zeit und Geld in die Verwaltung individueller Anpassungen zu binden.

Welche Vorteile bietet der Clean Core-Ansatz?

Ein Clean Core in SAP-Systemen bringt zahlreiche Vorteile für Unternehmen. Besonders wichtig ist die reibungslose Integration von Updates: Neue Funktionen und Innovationen können kontinuierlich eingespielt werden, ohne dass individuelle Anpassungen dies behindern. Standardisierte Systeme laufen zudem stabiler, lassen sich leichter skalieren und bieten bessere Automatisierungsmöglichkeiten – SAP selbst spricht davon, dass bis zu 70 % aller Kernprozesse in S/4HANA automatisierbar sind. Auch die Datenbankgröße kann dank Clean Core um bis zu 50 % reduziert werden, was direkte Kostenvorteile mit sich bringt.

Die wesentlichen Vorteile im Überblick:

Effizienz & Kosten

  • Weniger Wartungs- und Programmieraufwand
  • Geringere Infrastruktur- und Integrationskosten
  • Reduzierte Komplexität und schlankere Prozesse

Daten & Prozesse

  • Höhere Datenqualität und eine einheitliche Datenbasis
  • Minimierung von Datensilos
  • Verbesserte Prognosen und präzisere Vorhersagen

Agilität & Innovation

  • Schnellere Einführung neuer Funktionen und Innovationen
  • Flexible Anpassung an neue Geschäftsanforderungen
  • Unterstützung durch moderne Technologien wie Business AI

Sicherheit & Compliance

  • Einfache Umsetzung regulatorischer Anforderungen
  • Kontinuierliche Security-Updates
  • Geringere Betriebs- und Cybersicherheitsrisiken

Skalierbarkeit & Zukunftssicherheit

  • Cloudfähige Architektur mit effizienter Ressourcennutzung
  • Bessere Optimierung und höhere Produktivität im gesamten Unternehmen
  • Nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit durch regelmäßige Upgrades und kontinuierliche Verbesserungen

Damit ermöglicht der Clean Core-Ansatz nicht nur stabile und sichere Abläufe, sondern auch mehr Agilität, schnellere Wertschöpfung und eine klare Kostenkontrolle – eine entscheidende Basis für zukunftsfähige Unternehmen.

Warum setzt SAP auf den Clean Core-Ansatz?

SAP verfolgt den Clean Core-Ansatz aus mehreren strategischen Gründen. Grundlage ist die Erkenntnis, dass rund 80 % aller Geschäftsprozesse in Unternehmen nahezu identisch ablaufen. Diese Standardprozesse bieten nur begrenztes Potenzial zur Differenzierung im Wettbewerb – ihre individuelle Anpassung bringt Kunden daher meist keinen Mehrwert.

Ein weiterer Treiber ist die klare Ausrichtung von SAP auf Cloud-ERP: Cloudbasierte Systeme erfordern ein hohes Maß an Standardisierung, um Updates effizient, sicher und für alle Kunden gleichzeitig ausrollen zu können. Gleichzeitig steht SAP im Wettbewerb mit Anbietern wie Microsoft, die ebenfalls auf standardisierte Cloud-ERP-Lösungen mit kurzen Innovationszyklen setzen.

Darüber hinaus spielen weitere Faktoren eine Rolle:

  • Regulatorik & Compliance: Strengere Vorgaben lassen sich mit standardisierten Prozessen leichter umsetzen.
  • Cyber Security: Ein „sauberer Kern“ ermöglicht regelmäßige Sicherheitsupdates und reduziert Risiken.
  • Kosten & Effizienz: Standardisierte Systeme sind leichter automatisierbar, verursachen geringere Wartungs- und Datenbankkosten und erhöhen die Betriebseffizienz.

Damit positioniert sich SAP mit dem Clean Core-Ansatz als Anbieter einer modernen, cloudfähigen und zukunftssicheren ERP-Lösung.

Ist der Clean Core in jeder Bereitstellungsvariante von SAP S/4HANA obligatorisch?

SAP S/4HANA ist in drei verschiedenen Bereitstellungsvarianten verfügbar:

Grundsätzlich empfiehlt SAP den Clean Core-Ansatz für alle Bereitstellungsformen. Verbindlich vorgeschrieben ist er jedoch nur in der Public Cloud Edition. Dort sind Modifikationen am System ausgeschlossen – Unternehmen arbeiten stattdessen mit den vorkonfigurierten SAP Best Practices und passen ihre Organisation an diese Standards an.

In der On-Premise-Version sowie in der Private Cloud sind individuelle Anpassungen zwar weiterhin möglich, sie bringen jedoch Risiken mit sich: höherer Wartungsaufwand, eingeschränkte Upgrade-Fähigkeit und steigende Kosten bei zukünftigen Aktualisierungen.

Was sind die Herausforderungen bei der Umsetzung eines Clean Cores in SAP S/4HANA?

Die Einführung des Clean Core-Ansatzes bedeutet für Unternehmen eine tiefgreifende Transformation ihrer Geschäftsprozesse. Bestehende Abläufe müssen kritisch geprüft und an die von SAP vorgegebenen Standardprozesse angepasst werden. Besonders anspruchsvoll ist dies in branchenspezifischen oder individuellen Szenarien, da hier nicht immer vollständig passende Standardlösungen zur Verfügung stehen.

Hinzu kommt die Veränderung innerhalb der Organisation: Mitarbeitende, die bisher mit stark angepassten Systemen gearbeitet haben, müssen sich auf standardisierte Prozesse einstellen. Um diese Umstellung erfolgreich zu gestalten, sind gezielte Schulungen, transparente Kommunikation und ein aktives Change Management unverzichtbar, um Akzeptanz zu schaffen und Widerstände zu verringern.

Welche Möglichkeiten eröffnet die Side-by-Side Extensibility mit der SAP BTP?

Die SAP Business Technology Platform (BTP) spielt eine Schlüsselrolle beim Clean Core-Ansatz, da sie individuelle Erweiterungen außerhalb des S/4HANA-Kerns ermöglicht. Mit der Side-by-Side Extensibility lassen sich eigene Anwendungen und Prozesse entwickeln und betreiben, ohne den Kern von SAP S/4HANA anzupassen – und damit ohne die Upgrade-Fähigkeit zu gefährden.

Die BTP bietet Unternehmen unter anderem folgende Optionen:

  • Cloud-native Entwicklung eigener Anwendungen mit der SAP Extension Suite
  • Systemintegration über die SAP Integration Suite und den SAP API Business Hub
  • Low-Code-/No-Code-Tools für Erweiterungen auch ohne tiefgehende Programmierkenntnisse
  • Robotic Process Automation (RPA) zur Automatisierung von Abläufen
  • Künstliche Intelligenz und Machine Learning für intelligente, datengetriebene Prozesse

So gelingt der Weg zum SAP Clean Core – Schritt-für-Schritt-Anleitung

Wenn Sie Ihr System nicht als Greenfield-Projekt komplett neu aufsetzen – etwa im Rahmen einer S/4HANA-Transformation – lässt sich die Rückführung auf den Standard-Kern nicht über Nacht realisieren. Je nach Ausgangslage kann dieser Prozess mehrere Monate dauern. Mit den folgenden vier Schritten erreichen Sie Ihre Clean Core-Ziele zuverlässig:

Schritt 1 – Überblick verschaffen

  • Welche Prozesse laufen aktuell über Z-Programme?
  • Für welche Funktionen wurden Eigenentwicklungen erstellt?
  • Qualität der Eigenentwicklungen prüfen (Custom Code Analyse, Readiness-Check, ATC)
  • Systemgestützte Prozessanalyse, z.  mit dem ABAP Call Monitor über Jahresabschlussprozesse

Schritt 2 – Fit-Gap-Analyse durchführen

  • Welche Ziele sollen erreicht werden?
  • Wie sollen die Prozesse zukünftig aussehen?
  • Welche Anforderungen muss das SAP-System erfüllen?
  • Gibt es für bisherige Modifikationen inzwischen Standardlösungen?
  • Wie weit sind diese Lösungen vom Idealzustand entfernt?
  • Welche Maßnahmen sind nötig, um die Lücken zu schließen?

Schritt 3 – Entscheidungen treffen

  • Kosten-Nutzen-Verhältnis der Optionen analysieren
  • Entscheidungshilfen für Stakeholder bereitstellen
  • Change-Management-Strategie definieren
  • Projektplanung abschließen

Schritt 4 – Clean Core-Projekt umsetzen

  • Variante 1: Modifikationen auf den Standard zurückführen oder über Business Functions abbilden
  • Variante 2: Eigenentwicklungen als Side-by-Side-Lösungen über die SAP BTP realisieren
  • Variante 3: Eigenentwicklungen optimieren, dokumentieren und für den Erhalt vorbereiten

Was sind die Säulen von SAP Clean Core?

Erweiterbarkeit

Die Clean Core-Strategie von SAP zielt auf eine nachhaltige und updatefähige Erweiterbarkeit der Systemarchitektur ab. Erweiterbarkeit bedeutet, dass SAP-Systeme um neue Funktionen ergänzt werden können, ohne den Kern zu verändern. Dies ermöglicht Entwicklern die Nutzung moderner Programmiersprachen und Tools, steigert die Flexibilität und fördert Innovation. Parallel laufende Erweiterungen lassen sich unabhängig skalieren und verwalten, wodurch Leistung und Skalierbarkeit verbessert werden. Das SAP S/4HANA-Erweiterbarkeitshandbuch bietet detaillierte Richtlinien, wie Systeme erweitert werden können, ohne den Kern zu beeinträchtigen.

Integration

Ein weiterer zentraler Aspekt der Clean Core-Strategie ist die nahtlose Integration. S/4HANA wird mit anderen Systemen und Anwendungen über APIs verknüpft, um ein effizientes IT-Ökosystem zu schaffen. Dabei bleibt der Kern unberührt, während eine kontinuierliche Interaktion zwischen Systemen möglich ist.

Agilität

Agilität ist ein Kernprinzip der Clean Core-Architektur. Durch Reduzierung der Systemkomplexität und verbesserte Anpassungsfähigkeit können Unternehmen schnell auf Marktveränderungen und Kundenbedürfnisse reagieren. Die Integration von Technologien wie KI, maschinellem Lernen und erweiterten Analysen erhöht die Innovationskraft und unterstützt die Skalierbarkeit. Ein Clean Core-System ist somit optimal vorbereitet für künftige technologische Entwicklungen und steigert die Wettbewerbsfähigkeit.

Auswirkungen auf bestehende SAP-Implementierungen

Clean Core vereinfacht die Systemarchitektur und reduziert die Komplexität von SAP-Landschaften. Dies führt zu leichterer Wartung, schnelleren Upgrades und verbesserter Systemleistung.

Unternehmen können zwischen zwei Implementierungsansätzen wählen:

  • Greenfield: Neuimplementierung von S/4HANA mit Clean Core-Ansatz von Grund auf.
  • Brownfield: Konvertierung eines bestehenden Systems, wobei Legacy-Elemente erhalten bleiben, aber durch Optimierung und Standardisierung an den Clean Core angepasst werden.

Die Strategie hilft auch, technische Schulden zu reduzieren, indem veralteter Code, unnötige Anpassungen und ineffiziente Praktiken vermieden werden. Dies senkt Wartungskosten, verbessert Stabilität und Leistung.

Darüber hinaus fördert Clean Core die Optimierung von Arbeitsabläufen und Ressourcennutzung. Eine sorgfältige Analyse bestehender Prozesse identifiziert Verbesserungspotenziale und führt zu effizienteren, anpassungsfähigeren Abläufen.

Fazit: SAP Clean Core – die Grundlage für zukunftsfähige ERP-Systeme

Der SAP Clean Core-Ansatz ist weit mehr als ein technisches Konzept – er ist ein strategisches Prinzip für Unternehmen, die ihre ERP-Landschaften nachhaltig, stabil und innovationsfähig gestalten wollen. Durch die konsequente Standardisierung des Kernsystems und die Nutzung externer Erweiterungsplattformen wie der SAP BTP lassen sich Kosten senken, Upgrades vereinfachen und technische Schulden minimieren.

Unternehmen profitieren von einer höheren Agilität, schnelleren Innovationen und einer deutlich besseren Planbarkeit von Investitionen. Gleichzeitig bleibt das System sicher, skalierbar und zukunftsfähig – eine entscheidende Voraussetzung, um in einem zunehmend dynamischen Marktumfeld wettbewerbsfähig zu bleiben.

Kurz gesagt: Clean Core ist kein Trend, sondern das Fundament für eine zukunftssichere SAP-Strategie.

 

Alle Angaben ohne Gewähr.